Urwaldsteig April 2022

Schon seit ein paar Jahren hatten meine beste Freundin Judith und ich (wir sind seit der Grundschule befreundet) den Plan gefasst, gemeinsam den Urwaldsteig rund um den Edersee zu bewandern. Terminfindung ist ja bekanntlich nicht immer das einfachste, deshalb dauerte die Umsetzung etwas. Da wir genau vier Tage für die Strecke brauchen würden, drängten sich die Osterfeiertage geradezu auf.

Karfreitag, 15. April 2022

Ich reise mit dem Auto an und sammle Judith am Bahnhof von Herzhausen ein. Gemeinsam fahren wir zum Nationalparkzentrum Kellerwald-Edersee, wo ich meinem Microcamper stehen lasse und wo unsere Wanderung beginnt. Heute ist es leider noch bedeckt, aber die Vorhersage verspricht Besserung ab morgen. Da es eben auch erst Mitte April ist, sind die Büsche und Bäume noch nicht richtig grün. Dennoch gibt es die ersten Blüten und auch ein paar bunte Eier zu entdecken. Wir durchqueren schöne Buchenwälder, die als UNESCO-Weltnaturerbe anerkannt und somit besonders schützenswert sind. Ab und zu öffnen sich Ausblicke auf den vielfach gewundenen Edersee. Um halb eins machen wir unsere Mittagspause, aber nur kurz, da uns schnell frisch wird. Auf einer Strecke von 800 Metern müssen wir nun einen „richtigen“ Urwald durchqueren, wo umgefallene Baumstämme einfach liegen bleiben und keinerlei Forstpflege betrieben wird. Dann ein Stück am Ufer des Sees entlang und wieder hinauf in die Wälder.

In Bringhausen biegen wir vom Urwaldsteig ab. Das erste Etappenziel ist erreicht. Wir übernachten heute auf dem Campingplatz, Judith hat ihr Ultraleichtzelt mitgebracht, da ihres – im Gegensatz zu meinem – für zwei Personen geeignet ist. Innerhalb weniger Minuten steht unsere Behausung. Zum Abendessen kehren wir in der Gaststätte des Campingplatzes ein, die Reserven wieder auffüllen. Wir legen uns früh schlafen, im Schlafsack ist es schön warm.

Abendessen/Übernachtung:
Campingplatz Ebertz
Am Linge 1
34549 Edertal
GPS: 51.174768220750465, 8.998019477570008
Website

Preis für 2 Personen mit kleinem Zelt: 25,00 €

Ein eher einfacher Platz direkt am Edersee. Die Sanitärs sind sauber und ordentlich. Die Gaststätte bietet eine leckere Auswahl an Essen und Trinken – sogar Cocktails. Die Inhaber sind sehr freundlich und hilfsbereit. Da hier das Tal nicht so eng ist, hat man recht viel Sonne über den Tag. Die Zeltwiese hat einen eher steinigen Untergrund, wir durften auf eine andere Wiese ausweichen, da wir sonst unsere Heringe verbogen hätten.

Gelaufene Strecke: 14 Kilometer

Karsamstag, 16. April 2022

Nach einer sehr frischen, aber nicht durchfrorenen Nacht, stehen wir zeitig auf und bauen das Zelt ab. Wir hatten schon vorher die Info eingeholt, dass ein Bäckerwagen am Campingplatz halten wird, wo wir Dinge fürs Frühstück bekommen können. Da er um die genannte Zeit immernoch nicht da ist, gehen wir schon los, in meinem Rucksack ist noch eine Notration Porridge. Das Glück ist wie schon des Öfteren auf unserer Seite, wir laufen dem Bäckerwagen an der nächsten Querstraße direkt vor die Stoßstange. Wir kaufen Brötchen, Eier und Gebäck. Nach dem steilen Aufstieg vom Ort wieder zurück zum Urwaldsteig, dürfen wir nun durch sonnendurchfluteten Wald laufen. Irgendwann kommt eine Bank mit schöner Aussicht, auf der wir den Gaskocher für ein Heißgetränk anwerfen und uns an den Einkäufen laben.

Auf dem weiteren Weg entdecken wir schon erste leicht aufgefaltete Blattknospen an den Buchen. Die zarten Gebilde leuchten im Sonnenschein wie Edelsteine. Einmal kommen wir an einem hübschen Grabmal eines fürstlichen Oberförsters vorbei. Das nenne ich mal eine Ruhestätte, unter einem großen Baum, bedeckt von Immergrün und bunten Blüten.

Nun biegen wir kurzfristig vom Urwaldsteig ab. Unsere Mittagsrast machen wir beim „Waldbölker“, wo wir eine leckere Erbsensuppe und ein fantastisch schmeckendes Brot vertilgen. Es ist herrlich, im Sonnenschein auf der Terrasse zu sitzen!

Jausenstation „Zum Waldbölker“
GPS: 51.16217768860544, 9.034487160561635
Website

Urgemütliche Hütte auf dem Peterskopf an einem Speicherbecken oberhalb von Hemfurth, direkt an der Bergstation der Peterskopfbahn. Leckere Gerichte (superleckeres Brot!) sowie Gebackenes sind im Angebot. Man kann drinnen wie draußen sehr schön sitzen.

Nun geht es den Berg hinab, zurück auf den Urwaldsteig, an Hemfurth vorbei und wieder bergauf in den Wald. An den Bäumen entdecken wir wunderschöne weiße Blüten. Da die Kräfte bald schon wieder aufgezehrt sind, sehnen wir eine Bank herbei. Ich wende das bewärte Mittel an und bestelle beim Universum innerhalb der nächsten 500 Meter eine Bank, auf der man sich auch ausstrecken kann. Drei, vier Kurven später erwartet uns ein Aussichtspunkt auf die Staumauer, mit zwei langen Bänken inklusive Tisch. Klappt doch immer wieder!

Nachdem wir ausgeruht und gestärkt sind, geht es weiter. Von einem weiteren Aussichtspunkt erspähen wir unser Etappenziel Waldeck, dessen Burg weithin sichtbar über dem Edersee thront. Wieder durch Wald und dann zwischen Feldern hindurch gelangen wir in ein Wohngebiet unterhalb der Altstadt, wo sich das Hotel „Seeschlößchen“ befindet, wo wir schnell einchecken. Nur kurz frisch machen und einen Moment relaxen, dann müssen wir schon wieder los – wir haben bereits vor Wochen von zuhause einen Tisch in einem Restaurant reserviert. In Anbetracht des Rummels in unserem Lokal und der Füllstände der anderen Restaurants war das eine sehr gute Idee. Feiertage eben! Wir schmausen beim Griechen leckere Souvlaki-Spieße und drehen anschließend noch eine Runde durch das Städtchen.

Restaurant Athen
Schulstraße 4
34513 Waldeck
Website

Uriges Ambiente in einem alten Fachwerkhaus, das Essen hat uns sehr gut geschmeckt. Der Service ist aufmerksam und sehr freundlich.

Zurück am Hotel fragen wir nach der Sauna – in einer halben Stunde ist sie soweit und wir können sie eine Stunde lang nutzen. Die Wärme tut sehr gut, ist fast schon zu heiß. Beim Abkühlen auf der Terrasse entdecken wir den gerade aufgehenden Vollmond, der riesig groß erscheint und gelblich-rosa leuchtet. Was für ein wundervoller Anblick! So gehen ein schöner Tag und ein entspannter Abend zu Ende. Jetzt ab in die weichen Betten!

Übernachtung:
Hotel Seeschlößchen
Kirschbaumweg 4
34513 Waldeck

GPS: 51.203580808961895, 9.065125299362386
Website

Preis für ein Einzelzimmer mit Frühstück: 71,00 €

Ein Familienbetrieb, der mit Herz und Engagement geführt wird. Der Empfang war sehr nett und auch bei weiteren Fragen oder Problemen war man uns gegenüber äußerst hilfsbereit. Vor allem für Wanderer sehr gut geeignet: eine Sauna und ein Schwimmbad zur Entspannung, Angebot eines Lunchpakets und fast direkt am Urwaldsteig.

Gelaufene Strecke: 18 Kilometer

Ostersonntag, 17. April 2022

Nach einer erholsamen Nacht freuen wir uns über ein reichhaltiges Frühstückbuffet. Wir frühstücken mit Blick auf Edersee und Burg Waldeck, auf unseren Tellern ist alles österlich angerichtet: gefärbtes Ei und ein goldener Schoko-Hase. Wir nutzen außerdem das Angebot des Hotels, für kleines Geld eine Vesper mitzunehmen, die Brötchen können wir uns am Buffet selbst belegen, dazu gibt es Müsliriegel, Obst und Mineralwasser. Gegen halb zehn bezahlen wir und sparen nicht mit Lob für diese tolle Unterkunft!

Weiter geht es. Hier auf dem nach Süden ausgerichteten Hang sind die Bäume schon ein bisschen grüner als auf der anderen Seite des Sees. Wieder geht es hinab und hinauf, der Urwaldsteig hat schon mächtig viele Höhenmeter. Gegen Mittag erreichen wir einen Wald mit urigen Bäumen, die zerzaust, gezwirbelt oder in Form gebogen aussehen. Manche könnte man für Ents halten, die sich gleich gemächlich strecken. (Ich hoffe, meine Leser kennen „Der Herr der Ringe“ von J. R. R. Tolkien, worin die Ents vorkommen. 😉 ) Und dabei ist das noch nicht der Krüppeleichenwald, der kommt erst später.

In dichterem Wald machen wir unsere Mittagsrast, nochmal werfe ich den Gaskocher für ein warmes Getränk an. Über breite Wege geht es hinunter nach Scheid, das wir aber links liegen lassen. Schon bald können wir unser heutiges Ziel sehen, den DKV Campingplatz. Am gegenüberliegenden Seeufer sehen wir außerdem den Campingplatz, wo wir am Freitag übernachtet haben. So nah beisammen, rüber schwimmen ginge schneller. Aber ob es auch einfacher wäre?

Der Weg zum Campingplatz zieht sich dann doch ganz schön lang, wir sind froh, als wir endlich ankommen. Da die Rezeption noch zu ist, kundschaften wir schon mal ein bisschen. Judith reserviert einen Tisch in der Fürstenklause, die direkt am Campingplatz liegt und ich schaue, was das kleine Lädchen für das Frühstück hergibt. Da das nicht viel ist, werden wir doch auf die Notration Porridge zurückgreifen.

Nach der Anmeldung bauen wir das Zelt auf einer netten kleinen Parzelle auf. In der Fürstenklause genießen wir ein leckeres Abendessen.

Gaststätte Fürstenklause
auf dem DKV-Campingplatz
34516 Waldeck
GPS: 51.18444774914877, 8.978604885938514

Leckere Gerichte der deutschen, italienischen und orientalischen Küche. Das Ambiente ist schlicht, aber liebevoll dekoriert. Der kleine Laden wird ebenfalls von den Gaststätteninhabern betrieben.

Übernachtung:
DKV-Campingplatz (Deutscher Kanu-Verband)
34516 Waldeck
GPS: 51.184720058048164, 8.979278309742329

Website
Preis für 2 Personen mit kleinem Zelt: 28,00 €

Ein von Dauercampern geprägter Platz am Nordufer mit Blick hinüber nach Bringhausen. Es gibt u.a. eine große Küche, die von Campern/Gruppen genutzt werden kann. Auch möglich ist das Ausleihen von Kanadiern oder Kajaks.

Wir merken aber auch, dass es echt kühl wird. Deshalb lieber zeitig in den warmen Schlafsack.

Gelaufene Strecke: 17 Kilometer

Ostermontag, 18. April 2022

Die Nacht war ziemlich kalt, wohl nur um 2 °C. Brrrr! Da kostet es echt Überwindung, den warmen Kokon zu verlassen. Wir bereiten unser Frühstück in der Camper-Küche zu, wir haben uns für ein warmes Porridge entschieden. Das kalte Wetter hat zumindest einen Vorteil: es ist wolkenfrei, die Sonne lacht. So ist auch das Zelt schnell trocken und wir können alles verpacken.

Die letzte Etappe. Zunächst über eine Schotterpiste und dann wieder durch Wald. Irgendwann kommt der Knorreichensteig, wo es viel rauf und runter geht. Die Bäume sind nicht so knorrig, wie die gestern. Nachdem wir eine Landzunge umrundet haben und einen steilen Anstieg hinter uns gebracht haben, machen wir eine Pause auf einer Bank zwischen Steinstürmen mit netter Aussicht. Als wir weitergehen, kommen schon die nächsten pausenbedürftigen Wanderer.

Auf dem folgenden Wegstück sehen wir viele Moose und Flechten auf den Felswänden neben dem Pfad. Bestimmt würde die den Rentieren aus Judiths temporärer Wahlheimat Finnland richtig lecker schmecken. Wir essen da lieber gutbürgerlich und zwar in Asel. Dafür zweigen wir vom Urwaldsteig ab. Wir schmausen und genießen das Sitzen.

Gasthaus Sauer
Lindenplatz 5
34516 Vöhl
GPS: 51.19544347028479, 8.94505435684453
Website

Gemütliches Gasthaus mit vielen Plätzen, auch auf der Terrasse. Die Küche ist gutbürgerlich im besten Sinne, die Qualität ist hoch. Der Service ist sehr freundlich und aufmerksam.

Wir kehren nun nicht auf den Urwaldsteig zurück, sondern folgen ein Stück dem Kellerwaldsteig. Wir sparen uns damit die Umrundung einer weiteren Landzunge und somit einige Kilometer. Da wir heute auch noch nach Hause fahren müssen, sollten wir nicht zu spät am Ziel ankommen. Nach einem steilen Abstieg erreichen wir das Seeufer und wieder den Urwaldsteig. Nochmal ein letzter steiler Aufstieg und dann wieder hinab nach Herzhausen. Geschafft! Wir hätten jetzt liebend gerne ein Eis zur Belohnung. Eine Eisdiele finden wir leider nicht, aber bei einem Imbiss immerhin Eis am Stiel.

Nun gehen wir zum Bahnhof, wo der Zug nicht lange auf sich warten lässt. Wir verabschieden uns und Judith steigt in den Zug. Ich laufe nun noch weitere 1,5 Kilometer bis zum Nationalparkzentrum, wo mein Microcamper steht. Nach einer kurzen Verschnaufpause fahre ich nach Hause.

Gelaufene Strecke: 21 Kilometer

Der Urwaldsteig ist eine tolle Wanderstrecke mit ganz viel Natur, Auf- und Abstiegen sowie Aussichten. Gerne würde ich nochmal im Sommer oder Herbst hier wandern, wenn die Wälder voller Laub sind. Glücklicherweise ist der Edersee nicht weit weg von meinem Wohnort. Man kann auch kleine Rundtouren neben dem Urwaldsteig wandern, wenn man keine Mehrtageswanderung machen möchte. Der Urwaldsteig ist eigentlich 66 Kilometer lang. Durch Zuwege zu Etappenzielen und gleichzeitigem Abkürzen kamen wir auf eine Gesamtstrecke von 70 Kilometern.
Vielen Dank an meine Freundin Judith, dass ich das mit ihr gemeinsam erleben durfte! Wiedermal haben wir wunderbar harmoniert und hatten eine sehr schöne Zeit!

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