Berchtesgadener Land Juni 2022 – Teil 2

Mittwoch, 8. Juni 2022

Der Morgen ist herrlich: die Sonne scheint und Wolken tanzen um die Berge. Perfektes Wanderwetter! Nach einem ausgiebigen Frühstück fahre ich zum Wanderparkplatz Taubensee bei Ramsau – der gebührenpflichtig ist und nicht gerade günstig. Vier Stunden reichen für meine geplante Tour nicht, so muss ich bis morgen früh lösen. (Nach der Wanderung verkaufe ich mein Ticket für wenig Geld an den nächsten Mountainbiker. 🙂 ) Rucksack geschultert und los geht’s auf den Almerlebnisweg, den mir meine beste Freundin wärmstens empfohlen hat. Der Weg führt zunächst zum Taubensee, dort ist ein kleiner Steg, der einen wunderbaren Blick auf den Hochkalter mit dem Blaueisgletscher bietet.

Der Blaueisgletscher ist der nördlichste Gletscher der Alpen.

Dann wird die Straße überquert – und da ist ein Parkplatz, der kostenfrei ist! Natürlich nur klein, quasi ein Seitenstreifen. Aber es wäre noch Platz gewesen. Nun ja, ich hab‘ was für die öffentliche Kasse von Ramsau getan. 😉 Nun geht es bergauf durch Wald, immer mal wieder steht am Wegrand eine Infotafel zum Thema Almwirtschaft. Anfangs lese ich sie noch ausführlich, später fliege ich eher drüber. Sonst komme ich ja nie an. Unterwegs ein Hinweisschild am Wegrand, das ich nicht wirklich interpretieren kann. Irgendwo soll irgendwas gesperrt sein? Aber was? Und wo genau? Ich entschließe mich, es zu ignorieren, wie meistens. 😛 Nach langem Anstieg ist endlich die erste Alm erreicht, die Mordaualm auf 1.200 Meter Höhe. Hier könnte ich einkehren, aber dafür ist es noch viel zu früh. Stattdessen geht es weiter den Berg hinauf, erst über eine wunderschöne Wiese voller bunter Blumen und dann durch einen schönen Wald. Im Schneckentempo arbeite ich mich hinauf. Lohn der Mühe ist ein herrlicher Ausblick, als ich den Sattel erreiche. Durch blühende Wiesen geht es hinunter zur Lattenbergalm und dann auf breitem Weg relativ eben bis zu einer Abzweigung. Nun wird der Weg schmal und steinig. Ganz nach meinem Geschmack. Hinter einer Kurve – rechts Fels, links Abgrund – ist ein Felssturz aufwändig gesichert, der Weg nicht mehr existent. Okay. Aber an dem hölzernen Tragwerk ist ein Seil befestigt und es gibt Vorsprünge, auf denen man stehen kann. So komme ich doch durch. Weiter über den schmalen Pfad und dann wieder über breite Forstwege stets bergab. Am Wegesrand mache ich dann doch endlich mal Pause mit Jause. Dann gerate ich auch noch in eine Baustelle, einige Männer sind mit schwerem Gerät zugange. An dem kleinen Bagger und einem LKW muss ich vorbeitänzeln. Dahinter steht für von unten kommende Wanderer ein Schild „Durchgang für Fußgänger verboten“. Aha, das war also der Grund für das seltsame Schild am Anfang. Das hätte man ja auch am Infoschild am Parkplatz deutlich schreiben können, dass der Almerlebnisweg nicht vollständig begehbar ist.

Erschöpft und um einige schöne Eindrücke reicher kehre ich zum Camper zurück und ruhe mich kurz aus. Dann geht es weiter nach Schönau am Königssee, wo ich meinen reservierten Platz auf dem Campingplatz Mühlleiten beziehe. Hier bleibe ich nun eine Woche, da meine Ausflüge alle in der Nähe liegen und ich so abends auch mal richtig entspannen kann, statt nach einem Stellplatz zu suchen. Vom Campingplatz aus sieht man den Watzmann!

Zum ersten Mal installiere ich nun meine neue Markise, die ich selbst genäht habe. Sie wird an der Dachreling befestigt und mittels zwei Stangen und Abspannleinen aufgestellt. So habe ich endlich mal mehr Schatten vorm Camper! (Eine Beschreibung der Herstellung werde ich euch auch irgendwann noch liefern. :-)) Ich koche in der bordeigenen Kombüse ein kleines Mahl und verbringe einen gemütlichen Abend.

Übernachtung:
Campingplatz & Pension Mühlleiten
Königsseer Strasse 70
83471 Schönau am Königssee
GPS: 47.59968959343803, 12.989184477872298
Website
Preis: 26,10 € (inkl. Strompauschale und Kurtaxe)

Ein hübscher kleiner Campingplatz an der Straße zum Königssee. Von den Stellplätzen kann man die obersten Spitzen des Watzmanns sehen! Nur wenige Schritte entfernt ist eine Bushaltestelle, hier hat man beste Verbindungen zum Königssee oder nach Berchtesgaden. Mit der Kurkarte kann man die Busse gratis nutzen. Die Sanitäranlagen des Platzes sind großzügig und sauber. Im Ort gibt es einen gut sortierten Lebensmittelladen und einige Einkehrmöglichkeiten. Auch an der Rezeption kann man kleine Gerichte und Getränke bekommen. Brötchen-Service ist selbstverständlich.

Gefahrene Strecke:
35 Kilometer

Donnerstag, 9. Juni 2022

Der Tag ist leider total verregnet, das war gestern schon so angesagt worden. Also verbringe ich viel Zeit im Camper und plane die nächsten Tage unter Berücksichtigung der Wetterprognose. In einer kurzen Regenpause gehe ich in den Lebensmittelladen des Ortes und versorge mich mit dem Nötigsten. Zum Kaffeetrinken gibt es wieder einen selbst gemachten Kuchen im Weckglas, diesmal Tiroler Nusskuchen. Lecker!

Freitag, 10. Juni 2022

Mit dem Bus fahre ich morgens nach Berchtesgaden, heute ist dort Bauernmarkt. Es sind leider nur eine Handvoll Stände, da hatte ich irgendwie mehr erwartet. Ich bummele durch die hübschen Gassen, stöbere in Geschäften und besichtige die Stiftskirche. In der Schokoladenmanufaktur wird es sündig: ich gönne mir je eine Kugel Jogurt- und Salted-Caramel-Eis. Oben drauf bekomme ich noch eine kleine Probierkugel Zitrone. Besonders letztere Sorte ist mega-lecker! Über den „Weg der Seligpreisungen“ komme ich zu einer hübschen Kapelle, von wo man eigentlich einen tollen Ausblick auf den Watzmann haben sollte – wenn da heute nicht so viele Wolken im Weg wären. Nach einer weiteren Shopping-Runde kehre ich nochmal in der Schokoladen-Manufaktur ein, vorhin hatte ich sehr lecker aussehende Torten bemerkt … ich ergattere das letzte Stück Blaubeer-Ricotta-Torte. Himmlisch! 😛

Berchtesgadener Schokoladenmanufaktur
Nonntal 8
83471 Berchtesgaden
Website

Große Auswahl an Schokoladen, Pralinen, Gebäck, Eis, Kuchen und Torten. Verzehren kann man die Leckereien vor dem Laden auf einer lauschigen Terrasse. Und der Zahnarzt ist auch gleich nebenan, falls die Naschereien zu Problemen führen sollten 😀

Nachdem ich den Rucksack mit dem Einkauf bei Rewe und dm voll gemacht habe, geht es mit dem Bus wieder zurück zum Campingplatz. Markise aufbauen und gemütlich machen. Für das Abendessen gehe ich ins Achenstüberl, ein hübscher Biergarten direkt an der Königsseer Ache. Dort lasse ich mir Bratkartoffeln mit Leberkäse und Spiegelei schmecken. Sowas Deftiges muss ab und zu auch mal sein. 🙂

Gasthaus Achenstüberl
Graf-Arco-Straße 21
83471 Schönau am Königssee

Große Portionen und richtig lecker! Sehr nette Bedienung und ein gemütliches Flair.

Samstag, 11. Juni 2022

Heute ist wieder gutes Wetter angesagt, also nichts wie los in die Berge! Zu Fuß laufe ich zur Talstation der Jennerbahn. Mit toller Aussicht auf den noch immer wolkenumwaberten Watzmann geht es hinauf zur Bergstation auf dem Jenner. Ringsum nur noch Berge – herrlich!

Ich gehe zielstrebig über breite Wege zum Kleinen Jenner, denn dort gibt es einen Klettersteig, der auch für Anfänger und Kinder geeignet ist. Dann sollte ich den ja wohl auch schaffen. 🙂 An der Orientierungstafel lege ich das Klettersteigset an und setze den Helm auf. Dann geht es ein Stück den Hang hinab zum Einstieg des Schützensteigs (Kat. A/B). Kurz hinter mir ist eine Gruppe mit Führer, der erklärt erstmal noch die Grundlagen zur Klettersteigbegehung. Ich mache mich allein und in aller Ruhe auf, den Steig zu bezwingen.

Die Wegführung ist fantastisch, mal auf fußbreiten Trampelpfaden, mal nur auf Stahlbügeln, auch mal über Wurzeln geht es hinauf und am Fels entlang. Manchmal ist die Sicht durch Bäume verdeckt und manchmal kann man einen herrlichen Blick auf Schönau und Umgebung genießen. Am „Flying Fox“ (Seilrutsche) bin ich froh, dass man die Biegung der Felswand auch auf Bügeln nehmen kann. Ich hänge nicht gerne in der Luft. 😀 Die Hängebrücke ist kein Problem. Am Notausstieg etwa in der Mitte überlege ich, ob ich den nutze, ist schon ziemlich anstrengend. Aber nein, ich würde mir das hinterher nicht verzeihen, wenn ich jetzt aufgebe. Der Schluss ist am anstrengendsten, aber auch am schönsten – nur noch Fels und Stahlbügel, senkrecht hinauf, um Felstürme herum und dabei eine irre schöne Aussicht in die wunderbare Landschaft! Mein Inneres jubelt, während ich Schritt um Schritt dem Steig folge. Noch eine letzte Querung einer Felswand unterhalb des Gipfels des kleinen Jenners und ich bin wieder am Ausgangspunkt. Dann noch auf den Gipfel hinauf, das muss sein. Wow, genauso habe ich mir das vorgestellt! Bisher kannte ich ja nur Mittelgebirgs-Klettersteige.

Nach dieser Glückshormon-Überproduktion setze ich mich auf eine Wiese und mache eine kleine Brotzeit. Ich beobachte Paraglider, die sich von hier aus auf den Weg nach unten machen.

Über gut ausgebaute Wege laufe ich zum Carl-von-Stahl-Haus weiter, das sich bereits in Österreich befindet. Unterwegs gibt es hübsche Blumen am Wegesrand zu entdecken. Die alpinen Blumenwiesen begeistern mich erneut über die Maßen! Die Berghütte lockt mit der Anpreisung, dass es hier den weltbesten Kaiserschmarrn gäbe – diese Aussage muss ich natürlich ordnungsgemäß einer Kontrolle unterziehen. Kurz und gut: ich würde ihn besser hinbekommen. :/ Dennoch ist es herrlich, auf der Terrasse in der Sonne zu sitzen und die Berge ringsum auf sich wirken zu lassen.

Carl-von-Stahl-Haus am Torrener Joch
Torren 69
AT-5440 Golling an der Salzach
GPS: 47.57461247933665, 13.042453796081698

Sorry, der Kaiserschmarrn ist meiner Meinung nach nicht der Beste der Welt. Aber das soll niemanden vom Besuch der netten Berghütte abhalten. 🙂 Die Mehlspeise war ja trotzdem lecker.

Den Rückweg verkürze ich etwas, da ich um 17 Uhr die letzte Gondel erwischen muss. Aber den Gipfel des Jenner lasse ich mir nicht entgehen. Der Weg dorthin ist gut ausgebaut, weshalb sich die Leute sogar mit Schlappen oder Ganz-Bein-Orthese (ja, wirklich!) dort hinauf trauen. Dementsprechend überlaufen ist es, unterhalb des Gipfels ist auch der Parade-Ausblick-Punkt auf den Königssee. Bei diesem Sonnenstand allerdings ist er nicht so beeindruckend wie auf den Hochglanzfotos.

Zum Abschluss trinke ich auf der Sonnenterrasse der Jenner-Bergstation eine Eis-Schokolade. Während ich im Liegestuhl ausruhe, kommt von vorne links ein Drachenflieger und saust mit einem irren Tempo links an der Bergstation vorbei – wow! Mit der vorletzten Gondel geht es wieder zurück ins Tal und zu Fuß zurück zum Campingplatz. Dann noch schnell ein paar Lebensmittel einkaufen und den Abend am Camper unter der Markise genießen.

Sonntag, 12. Juni 2022

Jemand hat heute Nacht den Himmel gefegt – keine einzige Wolke steht am blauen Himmel! Und so sehe ich endlich wieder die Spitzen des Watzmanns. Eigentlich wollte ich eine richtig spannende Wanderung um den Watzmann herum machen, muss mir aber eingestehen, dass das meine momentane Leistungsfähigkeit übersteigt und es außerdem ziemlich dumm wäre, eine solche Tour auch noch ganz allein anzugehen. Statt nun über den Königssee und die Sigeret-Platte von Süden zur Wimbachgrieshütte zu kommen, werde ich mich von der anderen Seite nähern. Dennoch möchte ich dir diese „Vielleicht-später-mal-irgendwann-Tour“ vorstellen, vielleicht machst du sie ja mal eines Tages:

Mit dem Bus fahre ich vom Campingplatz bis Berchtesgaden, dort Umstieg in den immer voller werdenden Bus Richtung Ramsau. An der Haltestelle Wimbachbrücke steigen viele aus – ich ebenso. Hinterm Wollstadl kann man an einem Automaten eine Münze ziehen, um in die Wimbachklamm zu kommen. An deren Anfang steht ein großes Drehkreuz, das nach Münzeinwurf die Passage frei gibt. Und schon finde ich mich in einem herrlichen Stück Natur wieder! Der Wimbach rauscht durch die enge Schlucht, deren Felsen er über viele, viele Jahre rund ausgewaschen hat. Überall ranken Gewächse hinab oder hinauf, und stürzen zig kleine Wasserfälle in den rauschenden Bach. Über Stege kommt man trockenen Fußes voran. In einer solchen Umgebung fühle ich mich immer besonders lebendig. Glück pur!

Die Klamm ist nicht sehr lang, am Ende wieder durch ein Drehkreuz, und nun laufe ich das Wimbachgries hinauf. Zunächst durch Wald, später durch Geröllfelder, führt der Weg in einer leichten Steigung nach Süden. Um mich herum nur Berge, linker Hand die Watzmann-Westseite und rechter Hand wieder der Hochkalter, den ich auch schon vom Almerlebnisweg aus gesehen habe. Mein Bergweh ist verflogen, ich habe alles, was es zum Glücklichsein braucht. 🙂

Nach insgesamt 2,75 Std. habe ich die Wimbachgrieshütte erreicht. Hier kehre ich ein und lasse mir Marillenkuchen und kalte Buttermilch mit Preiselbeeren schmecken. Mmmmmh! Noch ein Blick auf die Wanderbeschilderung Richtung Trischübelpass, von dort wäre ich gekommen, wenn ich die Umrundung gewagt hätte. So ist es eine entspannte und kaum minder schöne Wanderung. Auch wenn der Rückweg nun der gleiche ist wie der Hinweg. Macht aber nichts, da ich ja jetzt einen anderen Ausblick habe.

Wimbachgrieshütte (Naturfreundehaus)
GPS: 47.53926844295107, 12.888235368382853
Website

Für die große Watzmann-Umrundung bietet sich das Haus als Übernachtungsmöglichkeit an. Wenn man in der Hütte übernachten möchte, muss man Mitglied bei den Naturfreunden sein. Essen und Trinken bekommt man auch als Nicht-Mitglied 🙂 Es gibt eine sehr gute Auswahl an deftigen und süßen Snacks sowie Getränken. Die Buttermilch mit Preiselbeeren war für mich eine Offenbarung, diese Kombination kannte ich bis dahin noch nicht. Man sitzt vor der Hütte schön lauschig unter Bäumen.

Die Felswände des Grieses weisen markante Rillen auf, die nicht immer gleich verlaufen. Erdgeschichte zum Anfassen. Das alles war vor Jahrmillionen mal Meeresboden. Jetzt aber brennt die Sonne auf das steinige Terrain. Einmal biege ich ab und setze mich auf einen Felsbrocken am Ufer des Wimbaches. Ich beobachte den kristallklaren Wasserlauf und meditiere dann für ein paar Minuten mit geschlossenen Augen. Das Hier und Jetzt ist perfekt und ich fühle mich mit allem im Reinen.

Auf dem Rückweg parallel zur Klamm kann ich noch einer ukrainischen Familie helfen, die den Eingang zur Klamm suchen. Mit einer Übersetzungsapp auf dem Handy können wir uns einigermaßen verständigen und ich führe sie zum Drehkreuz, die Marken haben sie schon. Das Wollstadl hat leider schon zu, also kein Shopping. Mit dem Bus geht es wieder zurück zum Campingplatz. Zum Abendessen gibt es eine Pizza Capricciosa, die ich im Imbiss/in der Rezeption hole. Sogar mit einem Pizzateller und schon fertig geschnitten!

Die untergehende Sonne färbt die Bergspitzen ein wenig rosa und später verteilt der Mond seinen silbrigen Glanz auf schnell dahin ziehenden Wolkenfetzen. Ein herrlicher Anblick, der mich nochmal aus meinem Camper lockt, bevor ich dann ziemlich geschafft in die Koje krabbele.

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