Da mein Bergweh einfach nicht weggehen will, führt mich meine diesjährige Sommer-Campertour in die deutschen Alpen rund um Watzmann und Königssee. Es wird eine schöne Mischung aus Städtetour, Kultur und vor allem ganz viel Natur mit mehreren fantastischen Wanderungen. So kann zumindest für zwei Wochen das Bergweh geheilt werden. Wenn es nur nicht jedes Mal wieder von neuem ausbrechen würde … 😀
Samstag, 4. Juni 2022
Die Anreise ins Berchtesgadener Land gestalte ich in Etappen. Als erstes steht München auf dem Plan, dort will ich schon lange mal hin. Eine meiner Nichten wohnt in der bayerischen Hauptstadt, sie wird mich ein wenig herumführen. Am Ankunftstag verbringe ich den Nachmittag aber erstmal auf dem Campingplatz. Man muss sich nach gut sieben Stunden im Auto ja nicht gleich ins Großstadtgetümmel werfen. Am Platz sitze ich in der Sonne und lese. Zwischendurch gibt es mal wieder eine kleine Führung durch meinen Micro-Camper für einen interessierten Mitcamper. Inzwischen habe ich darin richtig Übung. 😉 Das Abendessen bekomme ich in der platzeigenen Gaststätte, eine sehr leckere Pizza.
Gefahrene Strecke: 562 Kilometer
Pfingstsonntag, 5. Juni 2022
Nach einem ausgiebigen Frühstück in der Morgensonne vor dem Camper fahre ich mit dem ÖPNV und dem praktischen 9-Euro-Ticket in die Innenstadt, direkt zur Alten Pinakothek. Die Gemäldegalerie steht schon lange auf meiner Liste. Praktischerweise kostet der Eintritt sonntags nur einen Euro! Ich schaue mir allerdings nur die Bilder im ersten Obergeschoss an, Werke u.a. von Dürer, Boticelli, Boucher, da Vinci … Was mich erstaunt: man darf nach Herzenslust fotografieren – aber nur ohne Blitz.
Alte Pinakothek (Gemäldegalerie mit über 700 Werken der europäischen Malerei vom 14. bis 18. Jahrhundert)
Barer Straße 27
Eingang Theresienstraße
80333 München
Website
Eintritt: regulär 7,00 € | ermäßigt 5,00 € | sonntags 1,00 € | für Kinder/Jugendliche kostenlos
Nach diesem Kunstgenuss treffe ich mich vor der Pinakothek mit meiner Nichte. Sie führt mich nun zu ihren persönlichen Lieblingsorten in München. Über den Karlsplatz gehen wir zum Karolinenplatz mit seinem Obelisken und dann weiter in die Brienner Straße. Zu Beginn etwas Ungewöhnliches, von dem sie auch nichts wusste: auf dem Wittelsbachplatz ist ein „Hamburger Fischmarkt“! Moin moin! Gegensätzlicher geht ja kaum. 🙂 Vorbei an der Feldherrenhalle auf dem Odeonsplatz geht’s zum Hofgarten, der mir wegen seiner Ruhe sehr gut gefällt.
Von dort weiter in den Englischen Garten, wo wir als erstes am Japanischen Teezeremonie-Haus „Kanshoan“ vorbei kommen. Da würde ich zu gerne mal eine Teezeremonie erleben! Derzeit ist es jedoch geschlossen (ab 2023 gibt es wieder Termine). Dieser riesige Landschaftsgarten mitten in der Stadt ist wirklich schön, überall liegen Menschen auf der Wiese und genießen ihre Freizeit. Wir gehen weiter zu einem der Touristenhotspots: den Surfern am Eisbach. Verrückt! Ich möchte unbedingt auch noch den Chinesischen Turm sehen. Meine Nichte warnt mich noch vor, dass der eigentlich nichts Besonderes ist. Trotzdem, ich muss hin. Und sie behält Recht – sehr enttäuschend.
Nun wollen wir gemeinsam was essen gehen. Als sie von einem Restaurant erzählt, wo es Knödel in allen möglichen Varianten gibt, bin ich sofort neugierig. Im Sankt Annas sitzen wir im Fensterrahmen an rustikalen Holztischen auf dem Bürgersteig und genießen hervorragende alpenländische Küche in moderner Interpretation. Yummie!
Sankt Annas
Augustenstraße 60
80333 München
Website
Im Sankt Annas gibt es vor allem Knödel – oder wie sie selber auf Ladinisch sagen: Bala – in vielen Variationen. Allen gemein ist, dass das Gericht immer vegetarisch oder sogar vegan ist. Ich hatte die Bala Bergkäse und was soll ich sagen: superlecker! Ein toller Tipp, der Besuch dieses Restaurants sollte bei einem München-Besuch auf keinen Fall fehlen!
Meine Nichte verabschiedet sich dann wieder, sie will noch mit Freunden was unternehmen. Wir sehen uns am Ende meines Urlaubs aber nochmal wieder, wenn ich die gesamte Familie in Burghausen besuche.
Ich setze meinen Stadtrundgang fort. Am Karlsplatz gefällt es mir richtig gut, wegen der antikisierenden Architektur rundherum. Für die Glyptothek habe ich dieses Mal leider keine Zeit, sie schließt schon in Kürze. Die Frauenkirche enttäuscht mich total, was ich aber auch irgendwie erwartet hatte – eine sehr nüchterne Form der Gotik. Die barocke Theatinerkirche am Odeonsplatz spricht mich da schon mehr an. Eigentlich flüchte ich mich dort nur hinein, weil gerade ein Gewitterschauer aufgezogen ist.
Da der Regen nicht nachlässt, muss ich doch die Flucht nach vorne antreten und renne zur U-Bahn-Station. Zwei Mal umsteigen und dann bin ich zurück am CP, wo ich mich in den Camper verziehe, während es weiter regnet. Abruptes Ende eines schönen Tages. München werde ich mir auf jeden Fall nochmal mit viel mehr Zeit ansehen, das hier war erstmal nur ein „Reinschnuppern“. Vielen Dank an meine persönliche Stadtführerin!
Übernachtung:
Campingplatz München Thalkirchen
Zentralländstraße 49
81379 München
GPS: 48.09092829025601, 11.544843292599568
Website
Preis: 26,40 € für zwei Nächte
Obwohl er nicht weit von der Innenstadt liegt, ist es hier wunderbar ruhig. Direkt vor dem CP ist eine Bushaltestelle, durch die man beste Anbindung an die S- und U-Bahnen hat. Die Sanitärs sind einfach, aber sauber. Nur, dass man für Warmwasser zum Spülen auch extra bezahlen soll, hat mich etwas irritiert.
Pfingstmontag, 6. Juni 2022
Ich lasse die Großstadt hinter mir und fahren weiter nach Osten. Als nächste Zwischenstation steht heute die Kampenwand bei Aschau im Chiemgau an. Hinauf fahre ich mit der Kampenwandbahn, deren Gondeln strahlen viel Vintage-Charme aus und sind recht klein. Inzwischen weiß ich, dass ich mit Gondeln gut klar komme, wenn ich mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sitze. Auch diesmal klappt es. Auch werde ich durch ein nettes Gespräch mit meinen Mitfahrern, ein Ehepaar mittleren Alters, abgelenkt.
Tipp
Ich habe ein besonderes Ticket gelöst (das allerdings nur bar bezahlt werden kann): das See-Gipfel-Ticket. Damit hat man gleich mehrere Leistungen inklusive. Selbst wenn man nicht alle nutzt, ist es immernoch günstig. Die Kampenwandbahn bietet noch weitere interessante Kombi-Tickets an.
Oben angekommen genieße ich erstmal die Panorama-Sicht: nach Norden in den Chiemgau, alles ist flach und der Chiemsee schimmert herüber; nach Süden Berge über Berge! Herrlich! Ich spüre sofortige Linderung meines Bergwehs. 🙂 Hier oben gibt es auch eine Teststation eines bekannten Wanderschuh-Herstellers, an der Hütte liegen Vorschläge für Wanderrouten in Form kleiner Handzettel aus. Einen davon nehme ich mit, denn zurück ins Tal fahre ich nicht mit der Gondel, sondern gehe zu Fuß. Aber zuerst geht es zur Kampenwand. Die Ausblicke sind herrlich, ich fühle mich pudelwohl in dieser Bergwelt! An der Steinlingalm angekommen, geht es nun steiler bergauf, zur Kampenwand. Es ist ziemlich anstrengend, da ich noch nicht „im Training“ bin. Deshalb kraxele ich auch nicht bis zum Gipfelkreuz hinauf, sondern suche mir am Fuß der Wand ein lauschiges Plätzchen, wo ich die Aussicht auf den Chiemsee genieße. Die beiden Inseln Herren- und Frauenchiemsee sind sehr gut zu sehen, dort geht es für mich morgen hin. Der Abstieg ist dann für die Knie auch nochmal eine Herausforderung. Zurück an der Steinlingalm kehre ich ein und stärke mich mithilfe einer Kaspressknödelsuppe und einem alkoholfreien Weißbier.
Steinlingalm
83229 Aschau im Chiemgau
GPS: 47.75897444862833, 12.365458272363757
Website
Alpengasthof direkt unterhalb der Kampenwand mit deftigen Speisen für den müden Wanderer oder Skifahrer in Form von Selbstbedienung. Die Aussicht sowohl ins Tal als auch zur Wand ist klasse!
Dann geht es an den Abstieg zurück ins Tal. Leider zunächst über viel Asphalt, was weder meinen Knien noch meinen in dicken Bergsteigerschuhen steckenden Füßen wirklich gefällt. Später führt der Weg dann aber durch schönen Wald, auch über ganz schmale Pfade. Einmal kreuzt ein Feuersalamander meinen Weg.
Nach diesem schönen Naturerlebnis fahre ich mit dem Camper weiter, auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz. Eigentlich reicht mir ein Stellplatz, aber der, den ich entdecke, ist mit 15 Euro recht teuer – dafür, dass man nur auf einem Parkplatz stehen darf und sonst keine Leistungen enthalten sind. Also entscheide ich mich doch für einen Campingplatz am Chiemsee. Dort gibt es mehrere, aber zufällig lande ich auf einem, den ich schon kenne. Hier war ich bereits 2007 mit meinen Eltern auf dem Weg nach Venedig. Als Erinnerungsstütze wirken die Waschbecken im Waschhaus, die aus blauem Glas gefertigt sind – sowas findet man nicht allzu oft.
In der Gaststätte am Platz esse ich lecker zu Abend und genieße dann ein wenig die Abendstimmung am Kiesstrand, mit Blick zurück zur Kampenwand.
Übernachtung:
Panorama Camping Harras
Harrasser Str. 135
83209 Prien am Chiemsee
GPS: 47.84068464890443, 12.372856503716113
Website
Preis: 25,00 € (Stellplatz inkl. 2 Personen und Strom)
Der Campingplatz ist eher klein und dadurch gut überschaubar. Er verfügt über einen eigenen Kiesstrand am Chiemsee, eine Gaststätte mit leckerem Essen und sehr nettem Service sowie über ein Kiosk. Die Sanitärs sind sauber und mit ihren gläsernen Waschbecken etwas Besonderes. Schade ist nur, dass es nur einen Inklusiv-Tarif gibt, so zahle ich als Einzelperson leider immer etwas drauf.
Gefahrene Strecke: 102 Kilometer
Dienstag, 7. Juni 2022
Heute ist das Wetter leider nicht mehr so schön wie gestern – es regnet bereits den ganzen Morgen. Ich fahre nach Prien, mache noch Besorgungen und parke dann meinen Camper am Ortsrand. Zu Fuß geht es zum Bahnhof der kleinen historischen Bahn, die mich von Prien zum Schiffsanleger bringt (im See-Gipfel-Ticket enthalten). Das Bähnchen quietscht und rattert über die Gleise. Die Waggons sind vom Beginn des 20. Jahrhunderts und weisen kleine Jugenstil-Elemente auf. Am Schiffsanleger angekommen liegt schon ein Wasserfahrzeug bereit, auf das alle Passagiere der Bahn umsteigen. Da ich ja was sehen will, gehe ich auf das überdachte Oberdeck. Leider kommt der Regen von der Seite, da auch Wind aufkommt. Also wird der neue Poncho, den ich fürs Wandern angeschafft habe, endlich mal eingeweiht.
Zuerst legt das Schiff an Herrenchiemsee an, wo ich aussteige. Ich möcht mir die von Ludwig II. von Bayern erbaute Kopie des Schlosses von Versailles ansehen. Durch das Kombiticket erhalte ich hier vergünstigten Eintritt. Vom Anleger zum Schloss ist es ein ca. 15-minütiger Weg durch Wiesen und Wald. Und plötzlich steht man vor der Gartenfassade des Schlosses. Im Erdgeschoss des Gebäudes herrscht Rummel, natürlich wollen viele Besucher das Schloss sehen. Hier ist Fotografieren streng verboten, schade.
Schloss Herrenchiemsee ist eine in einigen Details genaue, jedoch wesentlich kleinere Kopie des Schlosses von Versailles (der Spiegelsaal ist allerdings etwas länger als das Original). Ludwig II. von Bayern ließ sie im 19. Jahrhundert für sich erbauen, da er den Sonnenkönig Ludwig XIV. von Frankreich, der Ende des 17. Jahrhunderts regierte, sehr bewunderte. Der bayerische König war äußerst romantisch veranlagt und flüchtete sich mit seinen Schlossbauten in Traumwelten. Viele Leute tun sie heute als Kitsch ab, aber wenn man den Charakter hinter den Bauten etwas besser kennenlernt, kann man vielleicht besser verstehen, was ihn angetrieben hat.
Die Räume sind äußerst prunkhaft ausgestattet, in meinen Augen viel mehr als Versailles selbst und somit total übertrieben. Obwohl man vor manchem Kunsthandwerk wirklich Respekt haben muss, z.B. die Kronleuchter und ein Blumenstrauß aus Porzellan. Letzterer wirkt selbst aus der Nähe betrachtet wie echte Blumen. Ein Detail jedoch gefällt mir richtig gut, obwohl wir es gar nicht in seiner vollen Wirkung zu Gesicht bekommen: im Schlafzimmer des Königs steht am Fußende des Bettes eine Skulptur mit einer blauen Glaskugel am oberen Ende. Diese konnte von innen beleuchtet werden und tauchte den Raum dann in ein fahles blaues Licht, fast genauso wie der Vollmond die Nacht erleuchtet. Für mich „Mondsüchtige“ natürlich eine schöne Vorstellung. 🙂 Auch das Treppenhaus ist sehr beeindruckend, hier wurde ein Raum rekonstruiert, der so in Versailles gar nicht mehr zu finden ist, nachdem Ludwig XV. von Frankreich Umbauten am Schloss hatte vornehmen lassen.
Nach einer Stärkung im Schlosscafé gehe ich zurück zum Anleger, es geht eine Insel weiter: nach Frauenchiemsee.
Die Inseln sind benannt nach den Klöstern, die früher auf beiden Inseln zu finden waren. Gegründet wurden sie bereits im 8. Jahrhundert (neueste, auch archöologische Erkenntnisse deuten sogar auf das 7. Jahrhundert hin). Auf der Herreninsel war ein Mönchskloster und auf der Fraueninsel ein Nonnenkloster. Letzteres besteht auch heute noch. Das Kloster selbst kann nicht besichtigt werden.
Die kleinere Insel hat einen völlig anderen Charakter. Hier leben ganz normale Menschen wie in einem normalen Dorf zusammen. Ganz anders als auf der „Privatinsel des Königs“. Hübsche Häuser mit romantischen Gärten verteilen sich über das Inselchen. Mittelpunkt ist das Kloster, dessen Kirche zugänglich ist. Interessant finde ich, dass es für die Kirchenbänke eine Sitzordnung gab. Außerdem ist die Torhalle aus karolingischer Zeit erhalten, darin findet sich eine Michaelskapelle mit romanischen Wandmalereien, die mich sehr beeindrucken, obwohl es „nur“ Strichzeichnungen sind. Hier werden gerade Exponate aus dem 6. Jahrhundert präsentiert, die mich ebenfalls staunen lassen. Auch ein Besuch des Klosterladens darf nicht fehlen.
Für Kaffee und Kuchen kehre ich im Gasthaus „Zur Linde“ ein. Frauenchiemsee gefällt mir wirklich gut, hier ist nichts künstlich, alles wirkt gemütlich und entspannt. Beim Rundgang sind mir auch mehrere Künstler-Ateliers aufgefallen.
Gasthaus & Hotel „Zur Linde“
Frauenchiemsee 1
83256 Chiemsee
Website
Ich würde vermuten, das „erste Haus am Platz“. Sehr netter Service, viel Auswahl, gute Qualität. Am Nachbartisch wurde gerade eine Hochzeitsfeier besprochen, das Haus bietet alles aus einer Hand.
Inzwischen ist es endlich mal wieder trocken, sodass die Rückfahrt nach Prien nochmal schöne Ausblicke über den See gestattet. Vom Anleger zurück nach Prien geht es auch wieder mit der quietschenden Chiemsee-Bahn. Ich fahre nun noch eine Etappe weiter, mein Campingplatz am Königssee ist erst ab morgen reserviert. Diesmal nutze ich einen Stellplatz, der sich als Volltreffer entpuppt. Die Götschenalm liegt am Fuße eines Skilifts, bietet mehrere WoMo-Stellplätze und zwar gegen Verzehrgutschein. Das heißt, ich bezahle erstmal 10 Euro, erhalte die aber bei Verzehr im Restaurant gutgeschrieben. Passt, ich habe heute eh keine Lust zu kochen. 😀 Auch Brötchen für morgen kann ich bestellen. Zum Abendessen lasse ich mir Kasnocken mit einem Weißbier schmecken.
Übernachtung:
Alpengasthof Götschenalm
Kollertradte 21
83483 Bischofswiesen
GPS: 47.64825908453095, 12.93662044184044
Website
Preis: 10,00 € (Verzehrgutschein)
Der Stellplatz liegt zwar „nur“ auf dem Parkplatz, aber das Panorama macht das wieder wett. Die Götschenalm ist modern-urig und bietet außerdem Gästezimmer an. Die Küche und der Service sind richtig gut.
Eine Entsorgungsmöglichkeit besteht nicht.
Gefahrene Strecke: 76 Kilometer