Schweiz August 2023 – Teil 2

Sonntag, 13. August

Ich verlasse heute das Mattertal und fahre weiter durch das beeindruckende Rhonetal ins Fieschertal, wo ich kurz nach Mittag eine Parzelle auf dem Campingplatz beziehe. Heute steht eine große Wanderung oberhalb des Aletschgletschers auf meinem Programm. Da die letzte Gondel der Bergbahn von der Fiescheralp (Ziel der Wanderung) hinab ins Tal um 21:35 Uhr geht, habe ich wohl ausreichend Zeit, die Strecke von fast 17 Kilometern zu schaffen.

Mit dem Zug fahre ich von Fiesch ein Stück zurück nach Betten und von dort mit der Bergbahn hinauf zur Bettmeralp. Der Plan sieht vor, von hier hinauf zum Sparrhorn zu wandern, ab da oberhalb und parallel des Gletschers unterhalb des Eggishorns bis an den Gletscherrand, durch einen Fußgängertunnel durch den Berg und hinab zur Fiescheralp, von wo die Gondel mich zurück ins Tal bringen soll.

Von der Bettmeralp geht es zuerst hinauf zum Bettmersee. Hier kommt Strandbadfeeling auf, denn es gibt einen Sandstrand, Tretboote und Gastronomie. Von hier oben kann ich zurückblicken bis zum Matterhorn, das wieder eine Mütze trägt. Über der hiesigen Szenerie thront das Bettmerhorn. Danach folgt der vermutlich größte Anstieg der Tour, der auf eine Ebene führt, die mich an eine Dünenlandschaft erinnert. Dahinter kommt die Felskante und damit der Blick auf den majestätischen Aletschgletscher.

Mit fast 23 Kilometern Länge und etwa 1500 Metern Breite ist der Aletsch der längste und größte Gletscher der Alpen. Er beginnt unterhalb des berühmten Schweizer Dreigestirns Eiger, Mönch und Jungfrau und entwässert in die Rhone. Seine Dicke variiert zwischen 900 und 150 Metern. Er gehört seit 2001 zum UNESCO-Weltnaturerbe und befindet sich – wie alle Gletscher seit der „Kleinen Eiszeit“ – auf dem Rückzug.

Hier suche ich mir ein nettes Plätzchen auf einem Felsbrocken, mache meine erste Pause und genieße die grandiose Aussicht auf diese riesige Eismasse. Gegenüber stürzt ein schmaler, aber hoher Wasserfall ins Tal, das Rauschen ist sehr gut zu hören. Was für eine Landschaft! Wunderschön und extrem beeindruckend! Ich könnte hier stundenlang einfach nur sitzen, aber ich habe ja noch was vor – also weiter.

Doch an dem Abzweig, der mich auf hangparallelem Weg oberhalb des Gletschers Richtung Eggishorn bringen soll, eine Überraschung: der Weg ist gesperrt! Ich bin erstmal baff und setze mich am Wegesrand hin. Echt jetzt? Soll hier schon Schluss sein? Aber da kommen doch zwei Personen aus der entgegengesetzten Richtung den Weg hinauf? Ich warte, bis sie bei mir ankommen und frage sie nach dem Wegzustand. Die beiden sind verwundert, dass hier so eine eindeutige Sperrung aufgestellt ist, auf der anderen Seite ist das wohl nicht der Fall. Sie erzählen, dass der Weg schon etwas schwierig war, weil man viel über Felsbrocken klettern muss. Okay, dann wage ich das nicht, so ganz allein wäre das eine grandiose Dummheit. Außerdem ziehen immer mehr Wolken auf, die sich bedrohlich entwickeln könnten.

Auf anderem Weg geht es nun also wieder bergab, zurück zur Bettmeralp. Ich komme mir fast vor wie beim Trailrunning, denn bergab und mit wiedergefundener Trittsicherheit (die ich gestern nicht so ganz hatte) laufe ich fix hinunter. Am Wegesrand grasen Kühe mit mächtigen Hörnern, weswegen ich Abstand halte – wer weiß, ob eins der Rindviecher nicht vielleicht schon ein bisschen gereizt ist, denn viele andere Touristen gehen nah heran und wollen die Tiere streicheln.

Zurück an der Bettmeralp kaufe ich noch schnell was beim Bäcker und dann geht es per Gondel und Zug wieder zurück zum Campingplatz. Viel früher als geplant – aber die Entscheidung zum Abbruch der Tour war einfach vernünftig. Ich bin ja durchaus manchmal wagemutig, aber dieses Risiko war zu groß.

Neben dem Campingplatz landet ein Gleitschirm nach dem anderen – gegenüber gibt es einen Veranstalter, der Tandemflüge anbietet. Ich beobachte die Fliegenden bei Kaffee und Gebäck. Der Abend vergeht mit Körperpflege, schnellem Abendessen aus der eigenen Kombüse und Haushalt in Ordnung bringen.

Übernachtung:
Camping Eggishorn
Fieschertalstrasse 50
CH-3984 Fiesch

GPS: 46.410242751838354, 8.139530014930521
Website
Preis: 29,50 CHF

Ein hübscher überschaubarer Campingplatz mit ebenen Stellflächen auf Wiese. Die Sanitäranlagen sind großzügig, ordentlich und sauber. Brötchenservice und Restaurant sind vorhanden, Bushaltestelle, Bahnhof und Talstation der Eggishorn-Bahn nur wenige hundert Meter entfernt. Der Gebirgsbach am hinteren Rand des Platzes kann mal lauter rauschen, da kommt es drauf an, welche Parzelle man wählt. 😉

Gefahrene Strecke:
56 Kilometer

Montag, 14. August

Heute steht die erste „richtige“ Passfahrt auf dem Programm. Wieder zurück ins Rhonetal und hinauf nach Gletsch, wo die Straße rechts zum Furkapass führt, links zum Grimselpass. Ich biege links ab. In engen Kehren windet sich die Straße hinauf, gegenüber sieht man die Furkapassstraße (die ich später auch noch befahren werde). Obwohl mein Camper nicht das schnellste Gefährt ist und wir uns meist nur im zweiten Gang hinauf quälen, macht es riesig Spaß! Glücklicherweise ist auch nicht viel Verkehr. Auf der Passhöhe halte ich an und erkunde zu Fuß das Seeufer des Totensees. Der Wind pfeift hier oben sehr kräftig, ich muss aufpassen, nicht ins Wasser geweht zu werden!

Dann geht es auf der anderen Seite des Passes wieder hinab, vorbei an weiteren Seen, hier entspringt auch die Aare. Deren Schlucht bei Meiringen wollte ich eigentlich durchwandern, da mir aber die Zeit etwas davonrennt, verwerfe ich den Plan und hoffe, das ein anderes Mal nachholen zu können. An einer Tankstelle finde ich dann endlich das passende Motoröl für meinen Camper, der immer – wirklich immer! – im Urlaub Durst danach hat. Vorbei am türkis leuchtenden Brienzer See geht es über Interlaken ins Lütschental nach Grindelwald. Auf dem Campingplatz „Eigernordwand“ ist der Name Programm: die riesige Felswand ist von hier bestens zu sehen.

Die Wiese ist ziemlich uneben, man bekommt aber hölzerne Auffahrkeile zum Ausrichten. Ich habe keine eigenen dabei, komme aber wieder mal ins Grübeln, ob es nicht doch sinnvoll wäre, welche dabei zu haben. Zum ersten Mal befestige ich meine Markise an der geöffneten Heckklappe, mithilfe von Magnethaken. Genau diese Vielseitigkeit wollte ich erreichen! Im Schatten sitzend genieße ich die Aussicht.

Für das Abendessen gehe ich in den Ort, leider regnet es etwas. Grindelwald ist in höchstem Maße touristisch. So verwundert es nicht, dass in dem Lokal, wo ich nach längerem Suchen endlich einen freien Tisch finde, die Kellner besser Englisch als Deutsch sprechen. Auf dem Weg zurück zum Campingplatz fallen mir neugebaute Häuser auf, die trotz aller Modernität die Tradition erkennen lassen. Sie gefallen mir richtig gut! Ein Regenbogen, der sich genau an der Kante einer Felswand entlang zieht, sorgt ebenfalls für positive Stimmung trotz Regen.

Bebbis Restaurant
Dorfstrasse 130
CH-3818 Grindelwald
GPS: 46.623329498163855, 8.037571811645716
Website

Wie Grindelwald selbst recht touristisch, dementsprechend viel los. Das Essen war okay, aber weniger als lauwarm, als es endlich bei mir ankam. Der Service war nett und bemüht.

Zurück am Campingplatz verziehe ich mich in das Innere des Campers, da ein Gewitter aufzieht. Es wird aber glücklicherweise nicht so stark, wie bei „meteoswiss“ angekündigt. Es grummelt weiter leise bis in die Nacht hinein.

Übernachtung:
Camping Eigernordwand
Bodenstrasse 4
CH-3818 Grindelwald
GPS: 46.62251983215334, 8.016066266937992
Website
Preis: 25,50 CHF

Teils in einem Wäldchen, teils auf einer großen Wiese liegt der Platz am Rand von Grindelwald, mit perfektem Blick auf die Eigernordwand. Die Bergbahnen zum Eigergletscher oder zur kleinen Scheidegg sind fußläufig erreichbar. Die Sanitäranlagen sind sehr modern und sauber. Für die sehr unebene Wiese (kein Stromanschluss) werden definitiv Auffahrkeile benötigt.

Gefahrene Strecke:
121 Kilometer

Dienstag, 15. August

Nach dem Regen ist der Himmel am Morgen wie blankgeputzt, ein paar weiße Dekowölkchen sorgen für ein hübsches Bild. Ich will heute zur Eiger Nordwand. Allerdings nicht zum Klettern, das übersteigt meine Fähigkeiten dann doch bei Weitem. 😀 Mir reicht es, den „Eiger Trail“ am Fuße der berühmten Wand zu begehen. Dazu fahre ich mit der Seilbahn zur Station Eiger Gletscher, wo ich selbigen auch kurz in Augenschein nehme sowie das Schweizer Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau.

Seilbahn „Eiger Express“
von Grindelwald-Terminal bis Eiger Gletscher
Preis: 32,00 CHF

Dann geht es auf den Trail, der mitnichten nur bergab führt – ab und zu muss ich auch kleine Anstiege bewältigen. Insgesamt ist er aber entspannt zu laufen, mal auf breiten Schotterwegen, mal auf schmalen Pfaden. Dennoch braucht man gutes Schuhwerk, es bleibt nun mal ein Trail in den Alpen. Deshalb wundere ich mich über eine niederländische Familie mit Kindern im Alter von etwa drei bis zehn Jahren, die allesamt nur einfache Turnschuhe anhaben.

Die Eiger Nordwand habe ich stets zur rechten und laufe überwiegend in ihrem Schatten. Die Höhe ist von unten kaum zu ermessen. Für die Erstbesteigung wurden etwa vier Tage bis zum Gipfel benötigt, heutige Schnellkletterer schaffen es in zweieinhalb Stunden!

Die Eiger Nordwand ist mit 1.800 Metern Höhe eine der höchsten Nordwände der Alpen. Nach mehreren tödlich ausgegangenen Besteigungsversuchen gelang es 1938 vier Bergsteigern, die Wand zu bezwingen. Darunter auch Heinrich Harrer, dessen Buch „Sieben Jahre in Tibet“ mit Brad Pitt verfilmt wurde. Benannt wurde die Erstbesteigungs-Route nach dem Führer der Seilschaft, Anderl Heckmair.

Es gibt hier auch einen Klettersteig, der auf den Gipfel des dem Eiger vorgelagerten Rotstock führt. Ich sehe oben am Fels eine Gruppe mit leuchtend orangefarbenen Helmen, die sich diesem Abenteuer stellen. Später lese ich, dass der Klettersteig wohl auch für Anfänger geeignet ist. Ich würde ihn trotzdem nicht allein, sondern nur in Begleitung eines Bergführers begehen.

Am Wegesrand gibt es schöne Blumen sowie kleine und größere Wasserfälle zu entdecken. Die Kühe nutzen auch die gute Wegestruktur. Die Aussicht hinunter nach Grindelwald und auf die umgebenden Berge ist selbstverständlich grandios. Kurz vor dem Ende der Tour muss ich über Felsen hinunter klettern, es gibt Sicherungsseile zum Festhalten. Ein toller Schluss! Mir hat der Trail echt gut gefallen, bergab laufen ist zwar auch anstrengend, aber mir ist es auf jeden Fall lieber als bergauf. Und das war die beste Möglichkeit, relativ nah an die legendäre Eiger Nordwand heran zu kommen.

Am Haus Alpiglen gönne ich mir dann eine kleine Belohnung in Form von Pflaumenkuchen und Suurem Moscht, eine hiesige Spezialität.

Suure Moscht ist die Schweizer Variante von Äbbelwoi oder Cidre – also ein Apfelwein. Er schmeckt herb-säuerlich, erfrischend und es gibt ihn auch alkoholfrei.

Dann fahre ich mit dem Zug, der von der Kleinen Scheidegg herunter kommt, zurück nach Grindelwald.

Wengernalpbahn
von Alpiglen nach Grindelwald-Grund
Preis: 17,00 CHF

Auf dem Weg zum Campingplatz regnet es, aber mit dem stets im Wanderrucksack befindlichen Poncho ist das kein Problem. Abends koche ich in meiner Bordkombüse, wieder regnet es. Die bedauernswerten Nachbarn mit einem VW Caddy mit Heckauszügen versuchen, unter ihrer Heckklappe unter Zuhilfenahme eines Schirms halbwegs trocken zu bleiben. Dafür habe ich fast 40 °C und gefühlte 90 % Luftfeuchtigkeit in meinem Camper. Gratis Dampfbad. 🙂

Übernachtung:
siehe Vortag

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